DER Obstbau IM KREISE AHRWEILER

Von Wilhelm Caemmerer

Nach der statistischen Erhebung im Jahre 1951 ist der Kreis Ahrweiler mit rund 400 000 Bäumen einer der obstreichsten Kreise des Landes Rheinland-Pfalz. Übertroffen wird er nur von dem Kreis Neustadt an 'der Weinstraße. Daraus allein ist schon die große Bedeutung zu ermessen, die der Obstbau in der hiesigen Landwirtschaft hat. Bei sehr vorsichtiger Schätzung liefern die im Anbau stehenden Obstarten folgende Erträge und Bruttoerlöse:

Obstart

Zahl der Bäume

Ertrag je Baum in kg

insges. Dz.

Bruttoerlös je Dz./DM

insgesamt DM

Äpfel 270 000 20 54000 25,- 1 350 000,—

Birnen

 35 000

20

7000

30,—

210000,—

Süßkirschen

15 000

25

3 750

60,—

225 000,—

Sauerkirschen

10000

15

1 500

70,—

105 000,—

Zwetschen u. Pflaumen

56000

15

8400

15,—

126 000,—

Mirab. u. Renekloden

4500

15

675

30-

20 250,—

Aprikosen 600 10 60 120, 7 200,—

 Pfirsiche

 8 500

 15

1 265

 80,—

101 200,—

Walnüsse

1 500

20

300

140,—

42 000,—

Insgesamt: 401100 76950   2186650,—

Das Schwergewicht liegt beim Apfelbau. In der Hinsicht steht der Kreis mit weitem Abstand an der Spitze in Rheinland-Pfalz. Es ist naheliegend, daß sich der Obstbau in dem klima- und bodenbegünstigten rheinnahen Kreisgebiet sehr viel stärker ausdehnte als in der Eifel mit ihren rauhen Höhen, steilen, bodenarmen Hängen und spätfrostgefährdeten Tälern. Dort dient er zur Selbstversorgung der ländlichen Haushalte. Eine Ausnahme bildet das im breiteren Tal gelegene Insul. Hier sind die am Dorf gelegenen Wiesen mit starkwüchsigen und härteren Apfelsorten (Rambour, Bellefleur, Bohnapfel, Boikenapfel, Omtario, Boskoop) und Hauszwetschen bepflanzt; Sorten, die befriedigende Erträge liefern und in den vergangenen Jahren gute Preise erzielten.

Demgegenüber hat sich von der Linie Holzweiler, Ahrweiler, Königsfeld, Zissen als Westgrenze bis zum Rhein als Ostgrenze neben dem Selbstversorger der Erwerbsanbau entwickelt. Als vor annähernd hundert Jahren der Weinbau in den Dörfern rechts der Ahr (Westum, Breisig, Waldorf, Zissen und anderen) aufgegeben wurde, bepflanzten die Anlieger die Hänge mit Obstbäumen. iEs war dies die einzige Möglichkeit, um die mit dem Pflug nicht zu bearbeitenden Steilhänge wirtschaftlich zu nutzen. Zur Anpflanzung kamen neben anderen Obstarten vorwiegend Apfelhochstämme mit einer Vielheit von Sorten, von denen ein großer Teil den heutigen Marktansprüchen nicht mehr genügt. Durch die rapide Entwicklung der Städte (Ruhrgebiet) vor der Jahrhundertwende mit den damals geringeren Ansprüchen der Verbraucher war der Absatz jederzeit gesichert. Für diese Gemeinden hatte der Obstanbau insofern eine ganz besondere Bedeutung, weil er vorwiegend von wirtschaftsschwachen kleinbäuerlichen Betrieben übernommen wurde, Betriebe, die zu ihrer Existenzverbesserung und Sicherung auf die Obsternten und Einnahmen angewiesen sind.

OBSTBLÜTE AUF DER GRAFSCHAFT
Foto: Kreisbildstelle Ahrweiler

Unter ganz anderen Voraussetzungen entwickelte sich der Obstanbau auf der Grafschaft. Um 1910 gingen mit bestem Erfolg einige Züchter dazu über, geschlossene Obstfelder (Plantagen) mit Apfelbuschbäumen anzulegen. Zur Pflanzung kamen nur geschmacklich wertvolle Sorten auf schwachwüchsigen Veredlungsunterlagen. Von Unterkulturen, wie sie in bäuerlichen Hochstammpflanzungen üblich sind (Grünlandfeldfrüchte), wurde abgesehen. Eimer der Pioniere, der mit bestem Erfolg einige Pflanzungen unterhielt und sich uneigennützig mit Rat und Tat in den Dienst der Sache stellte, war der im Herbst 1952 verstorbene Gärtnereibesitzer Franz Bick in Bad Neuenahr. Ihm ist es in Zusammenarbeit mit der Landes-Lehr- und Versuchsanstalt vorwiegend zu verdanken, daß der Plantagenobstbau auf der Grafschaft Fuß fassen konnte. Anfang der dreißiger Jahre wurden die ersten Anpflanzungen in Gelsdorf Birresdorf, Remagen, Kripp und anderen Gemeinden geschaffen. In den letzten Jähren kamen fünf Obstsiedlungen auf Plattborn bei Remagen mit zusammen 150 Morgen und zwei Obstsiedlungen auf Wallers bei Oberbreisig mit zusammen 80 Morgen, 1950 bezw. 1955 nach Rodung des Waldgeländes hinzu. Heute umfaßt der Plantagenobstbau im Kreisgebiet tausend Morgen.

Neben diesem hat auch der Beerenobstbau in einigen Gemeinden große Bedeutung erlangt. Aus Mangel an Arbeitskräften und zu niedrigen Preisen ging zwar auf der Grafschaft der Himbeeranbau zurück, dagegen dehnten sich die Erdbeerkulturen in Bodendorf, Remagen und Kripp wesentlich aus. Für die kleinbäuerlichen Betriebe dieser Gemeinden liegt der Vorteil darin, daß sie den hohen Pflege- und Ernteaufwand vorwiegend mit familieneigenen Arbeitskräften durchführen können und aus der Fläche erhebliche Mehreinnahmen erzielen. Interessant ist, daß in Honerath über Adenau der Züchter Kürsten 12 Morgen Erdbeeren bewirtschaftet, die in Anbetracht der Höhenlage (300—350 m) erst nach der Ernte in den Hauptanbaugebieten reifen. Da zu dieser Zeit die Marktbelieferungen nur noch gering sind, erhält er sehr gute Preise. Insgesamt liegen im Kreisgebiet mehr als 200 Morgen Beerenobstkulturen im feldmäßigen Anbau.

Im Vergleich zum plantagemäßigen Buschobstanbau kommt man zu der Feststellung, daß der bäuerliche Hochstammanbau in seiner jetzigen Betriebsweise keine Zukunft hat. Die Anforderungen der Verbraucher haben sich so weitgehend gesteigert, daß nur noch gut gefärbte, geschmacklich wertvolle Sorten in einwandfreier Sortierung und ansprechender Verpackung bevorzugt gekauft und angemessen bezahlt werden. Mit solchen Früchten, die in Form und Aufmachung der eingeführten Ware gleichen, kann der heimische Obstbauer der ausländischen Konkurrenz erfolgreich begegnen. Daß unter diesen Voraussetzungen der Anbau lohnend geblieben ist, haben die Plantagenbetriebe unter Beweis gestellt. Möglich ist es aber nur dann, wenn der Boden und die Lage (spätfrostfrei) geeignet sind, richtige Sortenwahl getroffen wird und der Bestand durch Bodenbearbeitung, ausreichende Düngung und sachgemäße Schädlingsbekämpfung gepflegt wird. In der Hinsicht mangelt es in den bäuerlichen Pflanzungen allgemein. Aus diesem Grunde ist die Ertragsleistung je Baum und Fläche zu klein, die Fruchtqualitäten zu gering und bei den niedrigen Verkaufspreisen kein betriebswirtschaftlicher Nutzen gegeben. Es könnte vieles besser sein, wenn die Pflanzung nicht — wie das leider sehr oft der Fall ist — in zu steilen Hängen, stark parzelliertem Gelände oder weitab vom Betrieb liegenden Einzelfeldern (Streuobstbau) und der Erlös die Unkosten nicht deckt. Um diese wirtschaftserschwerenden und viel zu teuren Arbeitsmaßnahmen zu vermeiden, sollten bei Neupflanzungen grundsätzlich zu bearbeitende Felder herangezogen werden. Sehr vorteilhaft ist es auch, wenn die Obstfelder der einzelnen Züchter in einem Gemarkungsteil zusammenliegen, weil dann durch Gemeinschaftsarbeit der Kostenaufwand wesentlich herabgesetzt werden kann. Das gilt in gleichem Maße für die Baumform. Der Busch- oder Spindelbuschbaum hat gegenüber dem Hochstamm durch seine niedrige Stammhöhe den Vorzug, daß die Kronenbehandlung (Schnitt, Schädlingsbekämpfung) und Ernte leichter, besser und schneller durchgeführt werden kann.

Hohe Flächenerträge in besten Qualitäten verbürgen aber nur dann einen wirtschaftlichen Erfolg, wenn das Obst im Hinblick auf die Verbraucheransprüche in einwandfreier Sortierung und Verpackung dem Markt zugeführt wird. Das vom Ausland eingeführte Obst gibt dafür den besten Beweis, denn es wird, obwohl das in unserem Klima gewachsene Obst aromatischer ist, durch die ansprechende Aufmachung bevorzugt gekauft. Hinzu kommt, daß durch die einwandfreie Sortierung der Handel die Ware in großen Posten ungesehen kaufen kann und gut dabei bedient wird. In den Plantagenbetrieben wird darum im Gegensatz zu den bäuerlichen Obstpflanzern auf die Vermarktung größter Wert gelegt. Die preislichen Erfolge haben jederzeit die Mehraufwendungen gerechtfertigt. Gerade auf diesem Gebiet hat sich ein Züchter des Kreises, der weit über die engeren Grenzen hinaus bekannte, leider im Vorwinter 1953 viel zu früh verstorbene Heinrich Konrads aus Gelsdorf besondere Verdienste erworben. Vorausblickend sah er die kommende Absatzkrise, die der auf den deutschen Markt ausgerichtete Auslandsanbau und die zu erwartende, immer größer werdende Einfuhr hervorrufen mußte. Er war die treibende Kraft, die, unterstützt von einigen Züchtern, 1952 die Meckenheimer Obst-Absatzgenossenschaft „Meko" gründete. Diese Genossenschaft verfügt heute bereits über Lagerräume für über 20 000 Ztr. Obst und ist für andere Anbaugebiete zum Vorbild geworden. Ihr gehören mittlerweile die meisten Züchter unseres Kreises an.

Der Verkauf des bäuerlichen Obstes erfolgt vorwiegend über den Erzeuger-Großmarkt in Bonn und z. Tl. über Händler im direkten Verkauf am Ort. Um die Anlieferung zu erleichtern, unterhält der Großmarkt in den Gemeinden mit größerem Anbau Sammelstellen, die das Obst örtlich erfassen und zur Versteigerung nach Bonn bringen. Für den Sammelstellenleiter ist es bei der großen Zahl der Andiener mit ihren vielen Sorten in sehr unterschiedlicher Qualität und Menge oft sehr schwer, befriedigende Preise auf dem Versteigerung zu erzielen. Auch hier zeigt sich immer wieder, daß gut sortiertes und verpacktes Obst angemessen bezahlt wird. Diese Mängel können im wesentlichen abgestellt werden, wenn an der Sammelstelle die vielen Einzelposten der Anlieferer, sortenweise zu einem großen Posten zusammengefaßt, sortiert und verpackt zur Versteigerung gebracht würden. Dahingehende Bestrebungen sind in die Wege geleitet. Vieles ist getan, noch mehr muß geschehen, um in der Zukunft gegenüber dem Ausland konkurrenzfähig zu sein.