Altenburg und seine Kapellen

VON IGNAZ GÖRTZ

Foto: Ignaz Görtz
Alte Kapelle

Stolz erhebt sich auf dem Felsen gegenüber dem Dorf Altenburg die neue Kapelle, mit deren Bau 1958 begonnen und die am 24. Oktober 1962 eingeweiht wurde. Dies ist nicht der erste Kapellenbau zu Altenburg. Die Einwohner von Altenburg haben im Laufe der Zeit mehrere Kapellen bauen müssen. Einmal war die alte Kapelle baufällig, ein andermal wurde sie von den zerstörenden Hochwasserfluten weggerissen, und 1944 wurde sie das Opfer blinder Kriegswut. Wann in Altenburg die erste Kapelle gebaut wurde, ist leider nicht überliefert. Man darf jedoch annehmen, daß in Altenburg wie auch an anderen Orten schon früh ein Heiligen hau sehen oder eine kleine Kapelle stand, worin sich fromme Beter versammelten. Ein Hinweis auf einen älteren Kapellenbau könnte der aus dem 16. Jahrhundert stammende Altartisch sein, der 1944 mit der Kapelle zerstört wurde.

Eine kurze schriftliche Erwähnung enthält der Bericht über die Visitation der Pfarrei Altenahr aus dem Jahre 1684. Hierin wird die Kapelle von Altenburg und die von Kreuzberg, allerdings ohne nähere Angaben, in anderem Zusammenhang erwähnt. Genannt wird in diesem Bericht noch eine Maternuskapelle. Doch stand diese nicht in Altenburg, sondern auf dem Gerhardsberg (Gieretsberg) zwischen Altenahr und Altenburg. Von dieser Maternuskapelle erfahren wir, daß die Einwohner der Pfarrei Altenahr in der Festzeit 1667 den Bau versprochen hatten. 1684 war das Mauerwerk errichtet. Das Dach und die Innenausstattung fehlten noch, da durch die Kriegszeiten der Bau nicht vollendet werden konnte, und die Einwohner durch die Kontributionen und andere Kriegslasten völlig mittellos waren. Diese Kapelle auf dem Gieretsberg wurde später fertiggestellt und ist auf Karten aus der Zeit um 1800 eingezeichnet. Später war sie wohl baufällig und wurde nicht mehr aufgebaut. Teile der Fundamentmauern findet man heute noch „auf Gieretsberg".

Damit steht wohl fest, daß der hl. Maternus damals in Altenburg noch nicht verehrt wurde. Erst nach 1821, nachdem die Maternuskapelle auf dem Gieretsberg untergegangen war, wurde die neu erbaute Kapelle zu Altenburg dem hl. Maternus geweiht. Vielleicht stammt die in der Altenburger Kapelle stehende Holzfigur des hl. Maternus aus der Maternuskapelle auf dem Gieretsberg.

Näheres über eine Kapelle zu Altenburg erfahren wir aus den Fragebogen, die anläßlich der Pfarrvisitationen 1743 und 1762 ausgefüllt wurden. Diese Berichte nennen zu Altenberg eine Kapelle und geben weiter an, daß in der sehr kleinen Kapelle nicht das Meßopfer gefeiert, sondern nur der Rosenkranz gebetet werde. Dieses Oratorium stand an der Stelle, an der die Kapelle bis zum Jahre 1944 stand, nämlich beim Dorf Altenburg neben der Straße. Die kleine Kapelle war aber um 1743 schon baufällig, eine Tatsache, die auf ein gewisses Alter schließen läßt. Die nächste Nachricht, wenn auch eine negative, stammt aus dem Jahre 1768. In diesem Jahr wurden die von Kesselstadtschen Güter in der Pfarrei Altenahr vermessen, darunter die Mühle zu Altenburg. Die verläßliche Karte weist in Reimerzhoven und Kreuzberg eine Kapelle aus, in Altenburg jedoch nicht. Die altersschwache Kapelle war damals sicher schon abgerissen, um Platz für den Neubau zu schaffen. Diese Annahme wird gestützt durch eine Eingabe der Altenburger Einwohner an den Kurfürsten von Köln im Jahre 1769.

Am 19. Januar 1769 richten die Einwohner von Altenburg an den Kurfürsten von Köln die Bitte, ihnen drei oder vier Eichenstämme aus dem kurfürstlichen Wald „auf Boxhart" zu überlassen. Die Kapelle beim Dorf Altenburg sei ganz baufällig gewesen, außerdem zu klein, um alle Einwohner fassen zu können. Man habe inzwischen die Kapelle niedergelegt und wolle sie nun wieder aufbauen. Wegen der großen Armut der Bewohner fehlten die Mittel, um das neben dem Holzwerk der alten Kapelle noch benötigte Holz zu kaufen. Da die Pfarrei Altenahr auch keinen Wald besitze, werde der Kurfürst um Anweisung des notwendigen Bauholzes gebeten. Im Juni desselben Jahres werden durch Forstmeister Ostler zwei Eichen angewiesen. Die Kapelle wird bald darauf errichtet worden sein. Jedenfalls ist in einer um das Jahr 1780 gezeichneten Karte zu Altenburg eine Kapelle eingetragen, und zwar an der schon erwähnten Stelle beim Dorf.

Das schreckliche Ahrhochwasser vom Jahre 1804, das im ganzen Ahrtal so großen Schaden anrichtete, riß auch die Altenburger Kapelle fort. Im Schadensbericht wird außerdem angegeben, daß die Glocke durch das Hochwasser verloren gegangen sei. Die um 1769 erbaute Kapelle war wohl, wie auch der frühere Bau, ein Fachwerkbau auf Bruchsteinfundament, da sie von den Fluten gänzlich fortgerissen wurde. Ein massiver Bruchsteinbau hätte wohl an dieser Stelle den Wassermassen standgehalten, wie es bei dem großen Hochwasser von 1910 der Fall war. Im übrigen riß das Hochwasser von 1804 den steinernen Altartisch nicht mit fort. Auf einen Fachwerkbau deutet auch die Tatsache, daß man 1769 das Holzwerk der baufälligen Kapelle wieder verwenden konnte. Allerdings scheint die Flut von 1804 in Altenburg besonders stark gewütet zu haben, wurden doch von 45 vorhandenen Wohnhäusern 17 völlig zerstört, 23 zum Teil sehr stark beschädigt. 15 Einwohner ertranken in den Wassermassen. Mehrere Jahre blieb Altenburg ohne Kapelle. Der Wunsch, eine neue Kapelle zu bauen, war vorhanden. Aber die Zeiten waren ungünstig, die Leute sehr arm. Erst 1821 konnte man an einen Neubau denken.

Foto: Ignoz Görtz
Neue Kapelle

Im März 1821 richten namentlich genannte Einwohner von Altenburg an die Königlich-Preußische Regierung zu Koblenz einen Antrag auf Genehmigung des Kapellenbaues, dem unter dem 2. April 1821 entsprochen wird. Wie aus den Anlagen hervorgeht, war das benötigte Bauholz von der Familie von Gymnich aus ihren Waldungen zu Vischel unentgeltlich zur Verfügung gestellt und inzwischen von den Altenburger Einwohnern geschlagen worden. Was die übrigen Kosten angeht, „so machen sich die unterzeichneten Wohltäter andurch anheischig, die Ausführung des Mauerwerks und Daches, und alle übrigen Kosten, die zum gänzlichen Aufbaue der Kapelle zu Altenburg nöthig sind, als Geschenk aus ihrem Vermögen zu bezahlen". Eine Glocke aus dem Kloster Marienforst bei Godesberg war schon früher durch einen Wohltäter angekauft worden. Der alte Altartisch war von der Flut verschont geblieben und kam wieder in die neue Kapelle.

Man begann noch im gleichen Jahr mit dem Kapellenbau, wie die Altenahrer Ortschronik berichtet. Wenn bei der Visitation der Pfarrei Altenahr im Jahre 1829 „die Maternuskapelle zu Altenburg aus dem Jahre 1824" erwähnt wird, so bedeutet dies wohl nichts anders, als daß die Kapelle erst 1824 endgültig fertiggestellt war und vielleicht in diesem Jahr geweiht wurde. Weitere Nachrichten sind nicht mehr vorfindlich. Die nach 1821 erbaute Kapelle war ein einfacher Bruchsteinbau. Sie war im Lichten 8,70 m lang und 4,70 m breit. Im Jahre 1908 wurde die Kapelle gründlich renoviert. Die Außenmauern wurden verputzt. Die flache Holzdecke wurde durch eine gewölbte Stuckdecke ersetzt. Man entfernte die Empore, und an Stelle der einfachen Glasfenster kamen Buntglasfenster. Im Innern stand der schon erwähnte Altartisch aus dem 16. Jahrhundert. Der Altaraufbau wurde aus Teilstücken neu zusammengesetzt. In der Bildnische über dem Tabernakel stand eine Holzfigur des hl. Maternus, zu beiden Seiten eine Figur der hl. Barbara und des hl. Antonius von Padua. Neben dem Altar an der Wand befand sich eine Holzfigur der Muttergottes, dem 18. Jahrhundert angehörend. Im Jahre 1858 wurden zwei neue Glocken angeschafft, wobei die Anfang des Jahrhunderts aus dem Kloster Marienforst angekaufte Glocke eingeschmolzen wurde, da sie gerissen war. Eine der beiden Glocken wurde im 1. Weltkrieg abgeliefert, später wurde hierfür Ersatz beschafft. Der 2. Weltkrieg forderte beide Glocken. An deren Stelle traten zwei neue Stahlglocken, die auch heute wieder in der Kapelle hängen. Die Kapelle wurde vom Hochwasser 1910 kaum in Mitleidenschaft gezogen, obwohl das Hochwasser bis knapp unter die Kapellenfenster stand. Das Inventar wurde noch rechtzeitig fortgeschafft, so daß man diesmal mit dem Schrecken davonkam. Einige kleinere Ausbesserungen und ein neuer Innenanstrich waren erforderlich. Die Kapelle stand so im Dorf Altenburg bis zum Jahre 1944, als die Wut des Krieges sie völlig vernichtete.

Wie schon früher, so dauerte es auch jetzt eine Reihe von Jahren, ehe man mit dem Neubau beginnen konnte. Da man sich entschloß, die Kapelle an anderer Stelle wieder aufzubauen und sich die Planungen längere Zeit hinzogen, konnte man erst 1958 mit den Bauarbeiten anfangen. Mit beachtenswertem Opfergeist und tatkräftiger Mithilfe förderten die Altenburger Einwohner ihren Kapellenbau. Zur Aufbringung der Baukosten wurden rund 25000 DM gesammelt und weitere 15000 DM durch Eigenleistung bereitgestellt. Zuschüsse zum Bau gaben die Gemeinde Altenahr, das Bistum Trier und das Land Rheinland-Pfalz. Am 24. Oktober 1962 wurde die Kapelle zu Ehren des hl. Maternus geweiht.

Der schmucke Neubau steht frei auf einem Felsrücken gegenüber dem Dorf Altenburg. Der Entwurf stammt von Oberbaurat a. D. Pelegrini, Hannover; für die Innenarchitektur zeichnet K. P. Bohr, Trier, verantwortlich. Von der Innenausstattung sind zu nennen: der neue Altartisch aus Ettringer Turf, die zweiteilige, schmiedeeiserne Kommunionbank, das Konturenmosaik des hl. Maternus hinter dem Altartisch und die Fenster, von denen die vier im Chorraum die Symbole der vier Evangelisten wiedergeben. Außerdem stehen in der Kapelle vier im letzten Jahr restaurierte Holzfiguren des 18. Jahrhunderts: hl. Maternus, Muttergottes, hl. Josef und hl. Antonius. Die Figur des hl. Josef war bisher auf einem Speicher abgestellt, während die ändern drei Figuren bis 1944 in der alten Kapelle standen. Alle vier Figuren wurden im vorigen Jahrhundert erworben.

Möge diese Kapelle, die vor jedem Ahrhochwasser sicher steht, auch von der Wut eines Krieges verschont und den Einwohnern von Altenburg in einer friedvollen Zukunft lange erhalten bleiben!