Die Post- und Heerstraße Aachen-Frankfurt im Ahrgebiet

VON HEINZ SCHMALZ

Karl der Große (768—814), der durch Postverbindungen seine ausgedehnten Reichsteile näher brachte, schaffte vorher die Voraussetzung dafür durch die Anlegung von Straßen. Er hat u. a. auch die nächste Verbindung von Frankfurt nach der Krönungsstadt Aachen geschaffen und oft benutzt.

Die Straße trägt den Namen „Route d'Aix la Chapelle á Francfort"; in ältesten Katastern wird sie „Aachen-Frankfurter Heerstraße", „Aachener Straße" und „Frankfurter Straße" genannt. Heute ist sie. durch die wirtschaftliche Entwicklung und durch bessere Verkehrsmöglichkeiten zum großen Teil ohne Bedeutung. Daß sie bis ins 19. Jahrhundert eine der wichtigsten deutschen Poststraßen war, muß hier festgehalten werden, weil eine zusammenhängende Aufzeichnung über diese Straße im Ahrkreis nicht mehr vorhanden ist.

Ein bewegtes Leben hat sich in jener Zeit auf dieser Straße abgespielt, wovon eine Unzahl von Wegkreuzen und Kapellen Zeugnis ablegen. Sie war nicht nur eine Poststraße, sondern wurde auch als Handels-, Heer- und Pilgerstraße sowie von Fürsten und Königen benutzt, wenn diese von Frankfurt zur Krönung nach Aachen reisten.

1. Aufzeichnungen in den Straßenverzeichnissen und in der kartographischen Literatur

In dem ersten deutschen Reisehandbuch, das „Itinerarium Germaniae novantiquae" des Martin Zeiller von 1642 beschreibt die Straße im Ahrkreis und in der Nachbarschaft nur mit:

Urbs Dura, Deuren, 3 mill
Urbs Euskircheb, 3 mill
Urbs Meckenheim

Urbs Zinsich vel Siuzich ad flumen Aram

Urbs Andernachen, Andernach Bei Euskirchen und Meckenheim weicht die Straße von dieser Beschreibung ab. Das Reisebuch des David Fröhlich, Ulm 1644, hält als Reiseweg dieser Straße folgende Orte fest:

Andernach, 3 mill
Sensich, 1 mill (Sinzig, 16 km)
Ehendorf, 2 mill (Eckendorf, 17 km)
Vitrich, 2 mill (Wichterich, 24 km)
Düren, 3 mill (Düren, 23 km)

Wir sehen, daß die Entfernungsangaben sehr ungenau sind. Die gleichen Eintragungen sind in einem Wegbüchlein von 1625 (Augsburg) enthalten, ebenso in vielen Beschreibungen. Das Seilersche Straßenverzeichnis (gegen 1520) benutzt in der Route 2 „Von Augsburg gen Antdorff (Von Augsburg nach Antwerpen) mit einem Randvermerk die Straße: Von Mentz mag auff das wasser sitzen bis gen Köln, aber (oder) auff dem land von Mentz genn


Andernach, 3 mill (Andernach, 20 km)
Sinsych, 1 mill (Sinzig, 16 km)
Ehendorff, 2 mill (Eckendorf, 17 km)
Rimpach, 1 mill (Rheinbach, 7 km)


Suma deutsch meyl 94
Von Antdorff gen Frankfurt


Hagen, 4 mill (Aachen)
Teyren, 4 mill (Düren)
Pont, 6 mill (Bonn)
Preison, 4 mill (Breisig)
Cobelentz, 4 mill (Koblenz)

Ein Poststundenpaß von 1506 bezeichnet außerdem noch Büllesheim als Station für den Pferdewechsel an dieser Straße. In der Romwegkarte Etzlaubs aus dem Jahre 1501 sehen wir die Orte: teuren, tornientz, prihs, andernach.

In einer Karte, die von dem Cosmographen Sebastian Müller gegen 151K angefertigt wurde, ist zu lesen: Andernach, Prys, Tortnens, Teuren. Der Ort Tormens (tormentz) ist heute nicht mehr auffindbar. Er muß zwischen Meckenheim und Rheinbach, und zwar in dem Kreuzpunkt der Verbindungslinie Sinzig-Aachen und Bonn-Hillesheim, gleichweil, von Bonn und Sinzig entfernt, bestanden haben. In einer alten Karte, in der diese Straßen eingezeichnet sind, ist auch Rynmagen am Fuße der „Epfel" aufgezeichnet. Das älteste nachweisbare literarische Zeugnis für diese Straße stellt das „Itineraire Brugeois" dar, das aus dem 14. Jahrhundert stammt. Der Hauptzweck dieses Itinears war, die frommen Brügger Pilger zu belehren und sie auf dem kürzesten Weg zu ihrem Ziele zu bringen. Dabei wurden neben den Straßen auch kleinere Pfade aufgezeigt. Damit die fußwandernden Pilger möglichst schnell weiterkamen, wurden oft wichtige Orte links und rechts des Wegs nicht berührt. In diesem Verzeichnis ist jedoch zwischen Sinzig und Düren keine Abweichung der uns bekannten Straße festzustellen.

2. Verlauf der Straße

Der genaue Verlauf der Straße läßt sich an den noch vorhandenen Merkmalen sowie anhand der Aufzeichnungen genauestens festlegen. So verlief sie von Rheinbach nach Eckendorf. Eine große Anzahl von Wegekreuzen, von denen aber keines über das Ende des 17. Jahrhunderts zurückreicht, säumen hier ihre Ränder. Der Ort Eckendorf scheint früher ein wichtiger Straßenknotenpunkt gewesen zu sein und dadurch eine gewisse Bedeutung gehabt zu haben. In einer Urkunde von 973 ist noch eine zweite Straße bezeichnet, die „via Ptiblka", die nach Bonn führte.

Von Eckendorf läuft die Straße entlang der Regierungsbezirksgrenze auf einem breiten, stellenweise eingeschnittenen Wege, auf die Fritzdorfer Windmühle zu. Hier heißt die Straße noch heute „Kaiserfurt", l km südlich von Fritzdorf erreicht sie mit 259 m ihren höchsten Punkt. Die Straße kreuzt hier die von Fritzdorf nach Ahrweiler führende Landstraße. Weiter östlich wird sie eine kurze Strecke von der Straße nach Oeverich benutzt, um dann südöstlich abzubiegen. Die Abzweigungsstellen sind heute nicht mehr ersichtlich. Der Weg erscheint erst 300 m weiter und verläuft dann auf die Straße Oeverich-Beller zu. Durch die vorgenommenen Flurzusammen-Legungen sind die Wegeverhältnisse dermaßen verschoben, daß die Aachener Straße auf 3 km weggefallen ist. Es ist anzunehmen, daß die Straße nach Südosten weiterverlief, die Straße von Niederich und Leimersdorf an deren Vereinigungspunkte kreuzte, und schließlich in einen großen Hohlweg mündete, der südöstlich Leimersdorf im freien Feld endigte. Dieser Hohlweg ist 700 m lang und gegen 10 m breit. Er ist ganz mit Gestrüpp bewachsen, da er nicht mehr dem Verkehr dient. Die Stelle heißt bei den Umwohnern „Alte Straße". Am Ende des Hohlwegs steht ein Basaltkreuz mit der Jahreszahl 1702. Dann führt die Straße, wieder deutlich sichtbar, als Feldweg durch die Fluren. Kurz vor dem Abstieg ins Gimmiger Tal verschwindet sie noch einmal. Der Feldweg ist hier nach Nordosten umgelegt worden, während unsere Straße ihre Richtung beibehält und in einem 300 m langen und ziemlich steilen Hohlweg, der gleichfalls vom Verkehr verlassen und zugewachsen ist, ins Tal hinabsteigt.

Im Gimmiger Tal liegt die alte Poststraße unter der von der Ahr heraufführenden Landstraße (Volksmund: Aachener Weg). Sie verläuft um den östlich vorspringenden Bergkopf, genannt Ariet, herum und wird dann von der nach Kirchdaun führenden neuen Straße benutzt.

Dort, wo diese sich nach Nordosten wendet, zweigt unsere Straße ab und erreicht die östlichen Talhänge. Der Anstieg ist im Gelände nicht mehr feststellbar, nur ein am Hang mitten in der Flur stehendes Basaltkreuz mit der Jahreszahl 1713 kennzeichnet den ehemaligen Verlauf. 200 m nach Osten treffen wir auf die von Bodendorf nach Kirchdaun führende Straße, die an dieser Stelle scharf nach Norden umbiegt. Die Straße nach Bodendorf führt als breiter Feldweg am Landskroner- und Köhlerhof vorbei; bei ersterem kreuzt sie ein alter von Remagen heraufführender Weg, die Neuenahrer Straße; sie stellt die Verbindung mit der alten Heerstraße dar. Die Entfernung von hier zur Burg Landskron beträgt 1,4 km.

Der Köhlerhof ist eine alte Siedlung. (1348 erscheint ein Welterus de Curte als Inhaber des Hofes, ehemals zur Herrschaft Landskron gehörig.) Der Feldweg, auf dem unsere Straße an dem Besitztum vorüberführte, unterscheidet sich von den Nachbarwegen durch seine ungewöhnliche Breite (5 bis 6 m). Von hier verläuft die Straße weiter, um nach einer Anhöhe ins Ahrtal hinab nach Bodendorf zu führen. Von Bodendorf aus ging sie in ungefähr gerade Richtung auf die heute noch vorhandene Brücke über einen Teich zu, um kurz dahinter die Ahr zu überqueren (alte Brücke bis 1804). Von der Ahr aus verlief sie durch die Landskroner Straße nach Sinzig hinein. (Hier, vor Sinzig, sollen sich große Beherbergungsmöglichkeiten für Mensch und Tier befunden haben.)

3. Bedeutung und Ende der Straße

Als Kaiser- und Königsstraße dürfte ihr große Bedeutung zugekommen sein, da sie die kürzeste Verbindung nach Aachen hin darstellte. Und wo Kaiser und Könige sich aufhielten, mußte auch eine reibungslose Postverbindung bestehen. Darüber hinaus war sie auch eine der meist befahrenen Handelsstraßen Deutschlands. In dieser Richtung war der Rhein als Wasserstraße ihr einziger Konkurrent. Da an anderen Straßen Zölle erhoben wurden, nutzte auch in Eckendorf Graf Gerhard von Are diese Einnahmequelle aus und erhob dort einen Zoll von den Kaufleuten, was ihm später von König Heinrich VI. (1190 bis 1198) verwiesen wurde.

Der Augsburger Kaufmann Lukas Rem vermerkt in seinem Tagebuch (1494 bis 1547): „Adi 1. Junio ritt ich von hier (Augsburg) gen Ulm, Speyr Mentz. Von dar fuor ich zu Schiff gen Remmagen. Ritt von da auf Rembach, Duren, Auch, kam gen Antorff adi 13 fruo sampt mein Knecht und Pferden." Remagen, als günstiger Anlegeplatz, war im Mittelalter ein reich privilegierter Ort mit vielen Handelsbeziehungen. Außer der Wasserstraße (Rhein) und der Nord-Süd-Straße bestand ja noch die Verbindung zur Aachener Straße hin. Als Poststraße wird dieser Weg ab 1494 genannt, fiel jedoch zu verschiedenen Zeiten wieder aus, um je nach den politischen Verhältnissen in größerem Umfang benutzt zu werden. Außer dem bestehenden Kartenmaterial ist ein Stundenpaß über die Laufzeit des Boten und Postroutenverzeichnisse vorhanden, die über die Poststraße berichteten. Wie lange sie eigentlich postalisch benutzt wurde, ist nicht mehr festzustellen. In einem deutschen Poststationenverzeichnis von 1716 ist diese Strecke nicht mehr aufgeführt. Als Handelsstraße wird sie noch 1835 erwähnt, dürfte aber dann nach Einführung der Eisenbahnlinien ganz vom Verkehr ausgeschlossen worden sein.