Geburtshaus des Heimatdichters Paul Marx in Waldorf wurde Heimatmuseum

Wilfried Dünchel

Heimatmuseum Waldorf eröffnet

Nach fast 3-jähriger Renovierungszeit war es am 10. August 2003 so weit. Das Heimatmuseum Waldorf öffnete für die Öffentlichkeit seine Pforten.

Im Oktober 2000 konnte der Bürger- und Heimatverein Waldorf e.V. das Fachwerkhaus in der Kleingasse mit finanzieller Unterstützung durch die Ortsgemeinde und Spenden der ortsansässigen Banken erwerben. Weit mehr als tausend ehrenamtliche Arbeitsstunden muss­ten geleistet werden, um das Gebäude zu renovieren und als Heimatmuseum mit Leben zu füllen. Bereits in der Renovierungsphase wurde das schmucke Fachwerkhaus von Schulklassen und Wandergruppen besichtigt. Denn im Heimatmuseum Waldorf wird veranschaulicht, wie die Menschen in unserer Heimat nach der Jahrhundertwende gelebt haben. Zu dem Gebäude gehören ein kleiner Hof, ein Stall, das Gemüsegärtchen und eine Scheune, in der alte landwirtschaftliche Geräte zu besichtigen sind.

Das Heimatmuseum Waldorf, 2003

Hinter der Originalhaustür von 1829 befindet sich die Küche und dahinter in einem Nebenraum eine Schusterwerkstatt aus den 1930er Jahren von Alfons Seul, dem letzten selbstständigen Schuster in Waldorf. Außerdem ist im Erdgeschoss eine Wohnstube aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts zu besichtigen.

Eine komplett eingerichtete alte Schusterwerkstatt im Heimatmuseum Waldorf, 2003

Über die alte, enge Holztreppe geht es ins Obergeschoss. Hier wurde mit Mobiliar aus der Jahrhundertwende eine Schlafstube eingerichtet. Auch diese Möbel stammen, wie fast alle Gegenstände im Museum, aus Waldorf.

Neben der Schlafstube wartet eine kleine Webstube mit Webstuhl auf Museumsbesucher. Für die Waldorfer war die Weberei in den früheren Jahrhunderten neben der Landwirtschaft ein lebenswichtiger Nebenerwerb. In fast jedem Haus klapperte ein Webstuhl.

Das Dachgeschoss beherbergt in Vitrinen eine stattliche Anzahl von archäologischen Fundstücken von der vorrömischen Zeit bis zur frühen Neuzeit. Alle diese Ausstellungsstücke wurden in der Gemarkung Waldorf gefunden.

Daneben werden Kopien der ersten Waldorf betreffenden Urkunden aber auch historische Schriftstücke und Fotos präsentiert.

Die alten Krippenfiguren aus der Pfarrkirche St. Remaklus haben hier ebenfalls ein neues Zuhause gefunden.

Das Gebäude des Heimatmuseums wurde zwischenzeitlich unter Denkmalschutz gestellt.

Geburtshaus des Heimatdichters Paul Marx

In dem Heimatmuseum wird außerdem das Andenken an den Waldorfer Heimatdichter Paul Marx aufrechterhalten. Denn in diesem kleinen Fachwerkhaus erblickte er am 20. Dezember 1911 als zweites von neun Kindern der Eheleute Anna-Maria und Josef Marx das Licht der Welt.

Der Heimatdichter Paul Marx

Nach dem Besuch der kath. Volksschule in Waldorf erlernte Paul Marx das Weberhandwerk und trug so zum Lebensunterhalt der Großfamilie mit bei.

Schon früh entwickelte sich sein Interesse für Literatur und Lyrik. Er verstand es ausgezeichnet, seine Gefühle, Emotionen und Gedanken in lyrische Gedichte zu fassen, die teilweise humorvoll, aber auch nachdenklich und stimmungsvoll sind.

Paul Marx hat Gedichte, Märchen und kleine Theaterstücke geschaffen, die man in dieser Qualität und Form nicht von einem Weber aus einfachen, engen Verhältnissen vermuten würde. Seine Werke überragen die sonst übliche Heimatlyrik und verdienen Beachtung über seinen heimatlichen Kreis hinaus.

Liebe zur Heimat und eine tiefe Religiosität kennzeichneten das Leben von Paul Marx. Die Gedichte waren sein Ventil, der dörflichen Enge zu entfliehen.

Herz am Meer
Manchmal schweben dunkle Klänge
stiller Wehmut traumhaft her
und erfüllen meine Seele
grüßen leis das Herz am Meer

Alles was man ihm versagte
fällt ihm wie ein Schatten zu
und es flüstert manche Stimme
stilles Herz, wie arm bist du

Doch es lächelt nur und schweiget
überm Neid und alter Pracht
und am großen Meere steigen
helle Sterne in die Nacht.

In der Rhein- und Ahr-Rundschau vom 1. Februar 1954 ist in einem Artikel „Dichter zwischen Rhein und Ahr" über den Heimatdichter Paul Marx zu lesen:

„Aus Waldorf aber, jenem kulturhistorisch so ungemein interessanten Dörfchen im Vinxtbachtal, stammt, in diesem Kreis sozusagen als einziger Einheimischer, Paul Marx, ein fast unbekannter, feinnerviger Lyriker...., dessen stilles Werk immer noch nicht gesammelt vorliegt und der in Stalingrad geblieben ist."

Paul Marx im Krieg

Paul Marx kämpfte als Obergefreiter beim 2. Artillerieregiment 72 in Russland.

„Ich bin in drei Monaten nicht aus den Klamotten gekommen und über 2000 km marschiert", schreibt Paul Marx in einem seiner Briefe.

Selbst aus dem Kessel von Stalingrad erreichten Gedichte und Verse seinen Heimatort Waldorf.

Kirche in Russland
Ein Streifen Wald, wie eine dunkle Zunge
steht zwischen Feldern und des Himmels grau
Ein Flüsschen biegt hinein in sanftem Schwunge,
dahinter steht in wundersamer Schau,

Ein Kirchlein stumm u. still mit spitzem Giebel.
Kein Glöcklein klingt den Tag zu benedein.
Kein Beter wallt empor. Des Turmes Zwiebel
sitzt dunkel über rötlichem Gestein.

So stirbt der Tag, dahin in grauem Schweigen.
Und nur das Flüsschen schimmert silbern sacht,
An Birken, die sich tief hinunter neigen,
Ins Spiegelbild, und langsam kommt die Nacht.

Er wusste um die Ausweglosigkeit seiner Lage. Sein „einziger Lichtblick", so formulierte er es am 9. Dezember 1942 in einem Brief an seinen Freund Willi, „sind meine Schreibereien".

Seine letzten Verse aus dem Kessel von Stalingrad lauten:

Ich sah die bange Stadt der tiefen Not.
In Schnee und Eise fiel das junge Licht
der Wintersonne gold auf ihre Zinnen,
als könne alles, was den Ring umloht,
noch glänzend stehn mit lächelndem Gesicht,
als würde alte Schönheit nie zerrinnen,
wir zogen stumm vorbei, der Rollbahn nach.
Und wussten drüben Trümmer unterm Schnee.
Dem flüchtgen Auge all zu leicht entzogen,
denn wir erfuhren, was der Ring zerbrach.
Und kannten jeden Schmerz und jedes Weh
und jedes Scheinbild, schimmernd und verlogen.

Seit dem 25. Dezember 1942 wird Paul Marx vermisst. Seine Spur verliert sich in der endlosen Weite des russischen Winters. Kameraden hatten beobachtet, wie er gefangen genommen wurde. Ob er ein Kriegsgefangenenlager erreicht hat, ist ungewiss.

Der Bürger- und Heimatverein Waldorf wird die vorhandenen Manuskripte von Paul Marx archivieren und in würdiger Weise im Heimatmuseum ausstellen.

Außerdem ist geplant, in der Schriftenreihe des Vereins ein Büchlein mit den gesammelten Werken von Marx herauszugeben und so für die Nachwelt zu dokumentieren.