Farbige Innen- und Außenarchitektur staufischer Kirchen im Kreis Ahrweiler

Dr. Andreas Vieten 

Am Beispiel der romanischen Kirchen von St. Peter in Sinzig und St. Viktor in Oberbreisig werden hier die nicht figürlichen Malereien im Innen- und Außenraum vorgestellt und ihre wichtige Aufgabe für die Architektur, aber auch für eine religiös-symbolische Bedeutung erläutert.1) 

Farbige Außenarchitektur 

Hinweise auf eine romanische Außenfassung hat es in Oberbreisig schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegeben. Die 1963/64 freigelegten Farbspuren am südlichen Obergaden und am Chor ermöglichten eine Rekonstruktion für die Bemalung der gesamten Kirche.2) Das Mauerwerk ist zunächst verputzt worden. Danach wurde die Farbe aufgetragen: Weiß für den Grund und Rot für die Architekturglieder wie Lisenen und Rundbogenfriese. Die kleinen Kapitelle der Rundbogenfriese sind grau. Die Chorfenster werden von einem roten Streifen begleitet. Der sich anschließende Wulst ist mit einem rot-weißen Bandmuster dekoriert. Die Hauptgesimszone des Chores besteht aus zwei Bereichen. Im unteren sind auf weißem Grund dünne rote diagonale Streifen übereinander. Unter dem Hauptgesims verläuft ein gemalter roter Rankenfries mit kleinen, punktförmigen Blättern, der eventuell aus gotischer Zeit stammt. Bei den Außenrenovierungen von 1863 wurden am Außenbau von St. Peter in Sinzig Putzreste entdeckt.3)Die 1964 durch Restaurator Dick angefertigte Fassung mit weißer Fläche und gelben Architekturgliedern stützte sich auf geringe Befunde vom Turm. Vielleicht hat ihn der gelblich erscheinende Kalk zu dieser, wie wir heute wissen, falschen Farbgebung verleitet.4) Unter der gelben Fassung von 1964 traten 1988 am Chorpolygon kleine Stellen rötlichbrauner Farbe auf.5) Über dem Gewölbe der Kirche haben sich auf sieben der acht Seiten des achteckigen Vierungsturmes Putzreste erhalten. Die Ecken sind rot und werden durch einen schwarzen Randstrich von der hellen Fläche getrennt. Dieser Befund mit dem rötlich erscheinenden gebrannten Ocker ist nach Restaurator Hartmann „zweifelsfrei“ ein Fragment der ursprünglichen Außenfassung.6) Die Säulchen der Zwerggalerie bestehen aus dunklem Stein, der wohl immer sichtbar war. 

St. Viktor Oberbreisig 

An beiden Kirchen lassen sich nur relativ einfache Ausmalungen nachweisen. Aufwendigere Beispiele mit gemalten Steinquadern auf den Wandflächen befinden sich am Turm von St. Maria Lyskirchen in Köln oder gemalte Ornamentfenster in der katholischen Pfarrkirche in Sayn7). Dennoch war für den mittelalterlichen Menschen der Eindruck überwältigend. Man muss sich die einfachen Wohnhäuser des 13. Jahrhunderts vorstellen, aus diesen ragte eine große farbig gefasste Kirche wie ein Edelstein heraus. Einige Ornamente am Außenbau von St. Viktor in Oberbreisig können auch im Inneren der Kirche beobachtet werden. Es wird sich zeigen, dass ähnlich wie am Außenbau auch im Inneren hauptsächlich die plastischen Bauglieder betont werden. Somit wird die enge Verbindung zwischen Außen- und Innenraumfassung deutlich. 

Farbige Innengestaltung in St. Peter in Sinzig 

Im Kirchenraum von St. Peter in Sinzig wurden 1857 größere Flächen figürlicher und dekorativer Malereien unterschiedlicher Epochen entdeckt. Leider zerstörte man diese 1864 und ersetzte sie durch eine neoromanische Ausmalung8). 1964 entfernte man diese und orientierte sich bei der Neuausmalung an den vorgefundenen mittelalterlichen Farbresten an den Werksteinen, dem Gutachten von Stüler von 1857 und an den original erhaltenen Ornamenten aus der Taufkapelle. Bei der Instandsetzung der Kirche zwischen 1987 und 1992 konnten keine größeren mittelalterlichen Farbflächen im Inneren nachgewiesen werden.9) Vegetabile Formen, Bohnen- oder Samenmuster wie in St. Martin in Linz oder in Oberbreisig waren sicher ursprünglich vorhanden, konnten aber nicht nachgewiesen werden. Stüler schreibt 1857, dass die Wände einfach steinfarben angestrichen waren, von denen sich die Glieder abhoben: „Bögen und Fensteröffnungen meist rot mit weißen und schwarzen Quaderfugen, Stäbe gelb mit schwarzer Zeichnung in Form gewundener Bänder, Säulen schwarz oder rot; in einzelnen abgewandelt (.) Die Einfassung der Nischen hatte die Farbe von gebrannten Ziegeln mit weißer Quaderung.“10) Im Mittelschiff betonte man 1964 Wandpfeiler und Arkadenbögen rot, Sockel und Dienste grau, Rippen mit roten Mustern und schwarzen Säulen. Diese Fassung wurde auch weitgehend Ende des 20. Jahrhunderts übernommen. Rippen und Wülste zieren heute rot-gelbe Ornamente. Die Raumfassung des Mittelschiffs dürfte um 1230/40 entstanden sein und weist Parallelen mit der gleichzeitigen Raumfassung von St. Laurentius in Heimersheim oder St. Martin in Linz auf. 1923 entdeckte man in der Taufkapelle Malereien, welche 1926 von Restaurator Glas freigelegt wurden. Auf der Sockelzone erscheint ein gemalter Stoff11). Zwei verschiedene florale Motive wiederholen sich, sie werden von einem schwarzen Quadrat gerahmt und in ein rotes Gitternetz eingepasst. Stoffornamente werden nicht vor der Mitte des 13. Jahrhunderts im Rheinland verwendet, was schon ein Hinweis auf die Datierung ist. Der Sockel wird nach oben von einem Fries begrenzt. Ein Grundelement aus vier Palmettenblättern, die herzförmig angeordnet eine Lilie umschließen wird hierbei nebeneinandergereiht. Vergleichbare Friese, aber von Bildhauern in Stein gearbeitet, haben sich noch im Langhaus von St. Andreas in Köln erhalten. Die sich nun anschließende figürliche Zone wird nach oben von einem weiteren Fries begrenzt. Hier wiederholt sich stets eine von Blättern und Disteln gerahmte Lilie. Die freien Felder bis zum Gewölbeansatz sind wieder figürlich ausgemalt. 

St. Peter Sinzig

Weinlaubfries in St. Viktor Oberbreisig

Vor dem weißen Gewölbegrund heben sich die weißen Rippen mit rotem Wellen-, Rauten- und Schachbrettmuster deutlich ab. Der Schnittpunkt der Rippen und der Scheitelpunkt der Wülste werden durch schwarz-rot-weiße Manschetten betont. Auf den beiden Gewölbekappen der Nordweststecke erscheint je ein symmetrisch aufgebauter Baum, dessen Blätter sich spiralförmig drehen. Diese fein gezeichneten Kandelaberbäume sind wie das Teppichmuster vor der Mitte des 13. Jahrhunderts im Rheinland nicht bekannt. Die Gewölbekappen werden ansonsten von figürlicher Malerei belebt. Die um 1260 entstandene Raumfassung der Taufkapelle muss von einem Künstler angefertigt worden sein, der traditionelle wie modernere Vorlagen verwendet hat. Der untere Pflanzenfries folgt romanischen Vorlagen. Der Lilienfries, das Schachbrettmuster auf den Rippen und die Manschetten sind gotischen Ursprungs.

Farbige Innengestaltung in St. Viktor in Oberbreisig

1834 und 1849 wurden Teile der Ausmalung von St. Viktor in Oberbreisig entdeckt, aber wieder übertüncht. Zwischen 1904 und 1914 erfolgte ihre Freilegung und Restaurierung. Weitere Restaurierungen fanden 1965 und 1992 statt. Vor den weißen Wand- und Gewölbeflächen heben sich die Architekturglieder durch rote und graue Farbe mit aufgemalten Fugen ab. Die Leibungen der Chorfenster sind rot mit weißen Fugen oder zeigen spitz aufeinander stoßende Streifen in Rot und Weiß mit einer Lilie auf der Spitze (vergleiche Außenfassung). Auf der nördlichen Mittelschiffswand verläuft unterhalb des Emporengesimses ein Weinlaubfries mit abwechselnd stehenden und hängenden Blättern. Gemalte Friese unterhalb der Emporen sind im 13. Jahrhundert beliebt wie auch die benachbarte Kirche St. Martin in Linz zeigt. Rippen und Schildbogenwülste werden durch geometrische, beziehungsweise pflanzliche Motive betont. Die einfachen tellerförmigen Schlusssteine erhalten erst durch ihre Bemalung ihre Vollendung. Der Schlussstein im Ostjoch wird zum Beispiel im Zentrum durch eine Blüte betont, um die herzförmige Blätter kreisen. Vom Schlussstein ausgehend ragt in jedes Gewölbefeld ein einfacher Baum mit je drei Blättern. Die Baumdarstellungen auf den Gewölben in Oberbreisig und Sinzig mit ihren symmetrischen Anordnungen zeigen deutlich, dass nicht die Natur als Vorbild gedient hat, sondern man ein Symbol für Baum wiedergegeben hat.12) Auf dem Schlussstein der Vierung erkennt man um eine zentrale Blüte einen Kranz weiterer Blüten. Die herzförmigen Blätter, die die Schlusssteine umkreisen sind im Rheinland ohne Vergleich13). Abweichend von dem bisherigen System präsentiert sich das Ostjoch des südlichen Seitenschiffes. Die Leibung des Arkadenbogens verdient besondere Beachtung. Medaillons mit Blattmustern und Engeln wechseln sich ab. Die kräftigen Farben Rot, Grün, Blau und Gelb sowie die rechteckig geformten Blätter und Pflanzen erinnern stark an Emailarbeiten. Im Gegensatz zum übrigen Kirchenraum sind hier Wand- und Gewölbeflächen blau. Ursprünglich befanden sich auf der Decke schwarze Sterne. Die Rippen betonen Band- oder Zickzackornamente sowie Marmormuster.

Die große Anzahl der Ornamente, die verschiedenfarbig gemalten Steine und Fugen verweisen auf das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts. Auffallend ist die Darstellung besonders vieler Pflanzen. Neben den seit der Antike bekannten Akanthusgewächsen treten botanisch bestimmbare wie Wein- oder Eichenblätter, aber auch frei erfundene Blattformen auf. Die Pflanzenmotive auf den Rippen sind mit jenen von St. Martin in Linz verwandt.

Aufgabe und Bedeutung der farbigen Architektur

Der dekorative Aspekt der romanischen Ausmalung ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Monochrome Flächen, teilweise mit figürlicher Malerei versehen, stehen stark farbigen Gliedern gegenüber. In den ersten 30 Jahren des 13. Jahrhunderts sind die Ornamente eng an die Architektur gebunden. Im Laufe des Jahrhunderts beginnt sich das Ornament zu verselbständigen und erhält eine eigenständige, den Raum gliedernde und schmückende Funktion. Die farbige Gestaltung hat auch die Aufgabe, die Architektur aufwendiger erscheinen zu lassen oder sogar die gesamte architektonische Gliederung zu übernehmen. Grate, Rippen, Schlusssteine oder Friese lassen, wie gezeigt, die Architektur kostbarer erscheinen und helfen, den Raum klarer zu strukturieren. In der Westempore der ehemaligen Klosterkirche von Schillingskapellen oder in der Apsis von St. Kastor in Karden wird die gesamte Wandgliederung von gemalter Architektur übernommen. Das Nebeneinander von bemalten und gemalten Säulen wird in den Nischen der Taufkapelle von St. Gereon in Köln deutlich. Bei der nichtfigürlichen Ausmalung handelt es sich, wie gerade dargelegt, um eine dekorative beziehungsweise die Architektur betonende, begleitende oder ergänzende Malerei. Sie kann aber zum Beispiel auch Träger christlicher oder kosmologischer Inhalte sein. Ein schönes Beispiel dafür sind die unterschiedlichen Gewölbefassungen in Oberbreisig. In der Ostkapelle des südlichen Seitenschiffes mit seinen blauen Gewölbeflächen, Sternen und Evangelistensymbolen wird das Paradies als überirdischer Himmelsbaldachin dargestellt. Auf den weißen Gewölbeflächen des Mittelschiffes sind nur wenige kleine Pflanzen neben den Schlusssteinen zu erkennen, reicher ist die Vegetation auf Rippen und Schlusssteinen dargestellt. Das Paradies wird nun als eine Himmelslaube oder Himmelsgarten verstanden. In staufischer Zeit beginnt sehr zaghaft die Entwicklung vom Himmelsbaldachin zur Himmelslaube. Die Vegetation bleibt auf kleinere Flächen begrenzt. Diese Einzelgewächse bilden sich in der Gotik zu üppigen, von der Architektur nahezu unabhängigen Ranken aus wie sie in der Zeit um 1500 weit verbreitet sind. Ein schönes Beispiel findet sich auf den Gewölben von St. Laurentius in Ahrweiler. Strahlen und Flammen wie sie von einem Schlussstein in Oberbreisig ausgehen, deuten nicht nur die Sonne an, sondern sind auch ein Hinweis auf Maria. Ein Vergleich der Außen- und Innenfassung hat gezeigt, dass der Innenraum stets aufwendiger gefasst war, sowohl was die Vielfalt der Ornamente als auch die höhere Anzahl verschiedener Farben belegen. Im Innenraum ist das Gewölbe immer am reichsten bemalt. Sterne, Sonnenstrahlen und kosmologische Kreise findet man nur am Gewölbe. Die verwendeten Ornamente, geometrische, pflanzliche oder auch Stein imitierende, findet man neben den Gewölben an Friesen und Wülsten, die Bögen, Fenster oder Gesimse begleiten. Nur Dienste oder Pfeiler sind entweder einfarbig oder, was häufiger auftritt mit zusätzlichen Fugen versehen. Pflanzen oder Blätter sind hier nicht anzutreffen. Der Steincharakter der tragenden Elemente wird also betont. Diese kurze Einführung in die nichtfigürliche Ausmalung hat an zwei Beispielen aufzeigen können, dass es sich lohnt, auch diese näher zu betrachten, da sie über eine rein dekorative Aufgabe weit hinaus gehen.

Anmerkungen:

  1. Clemen, Paul: Die romanischen Monumentalmalereien der Rheinlande, 1916, insbesondere S. 651ff. - Caspary, Hans: Mittelalterliche Kirchen am Mittelrhein mit freigelegter bzw. erneuerter Farbfassung. In: Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz, Jahresbericht 1965-67, Mainz 1970 - Vieten, Andreas: Die dekorativen kirchlichen Wandmalereisysteme staufischer Zeit an Nieder- und Mittelrhein, 1994.

  2. Caspary, 1970, S. 39-42 - Clemen, 1916, S. 666.

  3. Clemen, Paul: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz 17,1 = Die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler, 1938, S. 607, 615.

  4. Caspary, 1970, S. 49.

  5. Bune, H. Brief des bischöflichen Generalvikariats Trier an die Kirchengemeinde St. Peter in Sinzig vom 03. 05. 1988.

  6. Briefe des bischöflichen Generalvikariats Trier an die Kirchengemeinde St. Peter in Sinzig vom 18. 07. 1988 und 22. 08. 1988.

  7. Bentchev, Ivan: Zur Außenfassung romanischer Kirchen vgl. Zu den Befunden romanischer Außenfassungen in Köln. In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 1986, S. 60 ff. - Bornheim, Werner gen. Schilling: Farbige Außenarchitektur an spätromanischen Kirchen der Diözese Trier. In: Festschrift für Alois Thomas, Trier 1967, S. 53-58.

  8. KD Rh. Bd 17, 1, 1938, S. 626.

  9. Zur letzten Restaurierung und der Problematik einen romanischen Kirchenraum möglichst ursprünglich auszumalen vgl. Pauly, Stephan: Die Wandmalereien in der katholischen St. Peter-Pfarrkirche in Sinzig. In: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 1998, S. 82ff.

  10. Der Bericht von Stüler ist in den KD Rh. 17, 1, 1938, S. 626 abgedruckt.

  11. Clemen, Paul: Die gotischen Monumentalmalereien der Rheinlande, 1930, S. 80ff.

  12. Vgl. Vieten, 1994, S. 32ff.

  13. Renard, E.: Oberbreisig. Wiederherstellung der katholischen Pfarrkirche und ihrer Ausmalung. In: Jahrbuch der rheinischen Denkmalpflege 1, 1925, S. 69f.