Die „Ahrweiler Tafel“ als Brücke zwischen Armut und Überfluss

Ökumenisches Caritas-Projekt verschenkt Lebensmittel im Ahrweiler Bahnhof

 Eberhard Thomas Müller

Seit dem 23. März 2006 verteilen Caritas, Diakonie, Evangelische Kirchengemeinde Bad Neuenahr und Dekanat Ahr–Eifel mit Hilfe ihrer 40 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer im „Haus der Caritas“, Bahnhofstraße 5, in Ahrweiler Lebensmittel an Bedürftige. Die Idee, im Rahmen eines Studientages 2004 in Maria Laach entstanden, ist denkbar einfach: Ehrenamtliche und hauptamtliche Helfer sammeln Lebensmittel für Menschen am Rande des Existenzminimums, ein Konzept, das be-reits am 11. August 2005 der Öffentlichkeit präsentiert wurde.

Geschäftsführer Richard Stahl, Caritas Ahrweiler: „Die ‚Ahrweiler Tafel’ versteht sich als Brücke zwischen Armut und Überfluss. Einerseits nimmt die Armut in weiten Teilen der Bevölkerung zu, und andererseits gibt es durch Überproduktion oder Fehlkalkulationen einen nicht genutzten Nahrungsmittelüberschuss. Wir verteilen nur das, was wir selbst noch essen würden, also Lebensmittel, wie Obst, Gemüse, Konserven, Milchprodukte oder Backwaren, die wir grundsätzlich kostenlos an Bedürftige weitergeben.“ Lediglich für den Unterhalt der Räumlichkeiten, Fahrzeug, Büro etc. wird ein kleiner Beitrag in Höhe von 1 Euro erhoben. Die Ware befindet sich im Bereich des Mindesthaltbarkeitsdatums. Heribert Rhoden, Diözesan-Caritasverband – Referat Armut und Existenzsicherung: „Die Tafel ist im doppelten Wortsinn eine höchst spannungsreiche Notlösung. Sie löst für einen Augenblick die Not ihrer Nutzer. Die Tafel ist aber auch eine gesellschaftliche Notlösung, denn wir dürfen nicht den unteren Teil der Gesellschaft einfach abspeisen.“ Wie sehr sich die Armutssituation in jüngster Zeit verschärft hat, bekommen die Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) von Caritas und Diakonie in ihrer täglichen Arbeit zuspüren. Marion Eisler-Bodtenberg vom Dia-konischen Werk – Außenstelle Ahrweiler: „Es gibt keine Zuschüsse mehr, wenn beispielsweise Brillen oder Waschmaschinen defekt sind.Die Leute wenden sich verstärkt an uns, weil sie nichts mehr zu essen haben.“

 Heribert Rhoden, Richard Stahl, Ursula Schmitten und Marion Eisler-Bodtenberg (v. l.) stellen im „Haus der Caritas“die „Ahrweiler Tafel“ der Öffentlichkeit vor.

Einweihung am 17. März 2006

Richard Stahl, Caritas Ahrweiler: „Die Tafel ist ein umfangreiches Projekt; deshalb haben wir uns mit beiden Kirchen und der Diakonie zusammengetan. Was einer alleine nicht leisten kann, ist auf mehreren Schultern möglich.“ Am 17. März 2006 weihten Superintendent Dr. Markus Dröge vom Evangelischen Kirchenkreis Koblenz und Pfarrer Helmut Schmidt, Vorsitzender des Caritasverbandes Rhein-Mosel-Ahr, sowie Dechant Jörg Meyrer und Pfarrer Friedemann Bach die Räume der „Ahrweiler Tafel“ ein. Dass die Kirchen sich an der Tafel beteiligen, liegt für Pfarrer Helmut Schmidt auf der Hand: „Weil Gott auf der Seite der Armen, Schwachen, Ausgegrenzten steht, muss auch unser Platz als Kirchen und Wohlfahrtsverbände an der Seite der Armen sein.“ Superintendent Markus Dröge sieht in der Tafel ebenfalls die Chance zu einem ehrfurchtsvollen Umgang mit der Schöpfung: „Eine Tafel rettet Lebensmittel, die marktwirtschaftlich keine Rolle mehr spielen, aber Gottes Gaben sind.“ Dekanatsreferentin Andrea Kien-Groß, Dekanat Ahr-Eifel, von der Steuerungsgruppe bat um Unterstützung: „Wir verändern nicht die Welt, aber wir können den Finger in die Wunde legen.“ Landtagabgeordnete Petra Elsner, Landrat Dr. Jürgen Pföhler, Dechant Dr. Johannes-Georg Meyer, Dekanat Brohltal-Remagen, sowie die Verbandsbürgermeister Achim Haag, Altenahr, und Hermann Höfer, Brohltal, unterstrichen durch ihre Anwesenheit, dass die Tafel in Ahrweiler für den gesamten Landkreis da ist. Landrat Dr. Jürgen Pföhler nannte die „Ahrweiler Tafel“ ein „vor-bildliches und großartiges Solidarprojekt der Armutsbekämpfung“, das aber auch „nachdenklich“ stimme. Der Landrat überreichte Caritas-Geschäftsführer Richard Stahl einen Scheck mit den Worten: „Ich bin froh, dass einweiteres Stück des sozialen Netzes enger gestrickt wird.“

Die „Ahrweiler Tafel“ in Zahlen
50 ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind derzeit bei der „Ahrweiler Tafel“ tätig.
An den Öffnungstagen finden stets zwischen 80 bis100 Ausgaben statt.
Derzeit nutzen etwa 250 registrierte, abholende Bedarfsgemeinschaften regelmäßig im Monat die Tafel.
Die „Ahrweiler Tafel“ erreicht um die 500 Menschen.

Ohne Hilfe gingenichts! Dank der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnte die Tafel auf den Weg gebracht werden.