Neues Schrifttum über den Kreis AW

Ausgewählte Neuerscheinungen und Besprechungen

Zusammengestellt von Jürgen Haffke

1. Ausgewählte Neuerscheinungen

Dieser Bericht schließt an den Bericht im Heimatjahrbuch 2006 (S.228-232) an.

Kreis Ahrweiler/Eifel

Verbandsgemeinde Adenau

Verbandsgemeinde Altenahr

Verbandsgemeinde Bad Breisig

Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler

Verbandsgemeinde Brohltal

Stadt Remagen

Stadt Sinzig

2. Besprechungen

Geologie von Rheinland-Pfalz. Hrsg. v. Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz. E. Schweizerbart`sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 2005.

Geologische Übersichtskarte von Rheinland-Pfalz 1 : 300 000. Hrsg. v. Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz. Selbstverlag, Mainz 2003.

Die geologische Vielfalt des Kreises Ahrweiler lässt es gerechtfertigt erscheinen, auf dieses das ganze Bundesland betreffende Buch und die entsprechende Karte hinzuweisen. Geologische Phänomene sind in der Regel nur in größeren räumlichen Zusammenhängen zu begreifen und überschreiten fast immer die Grenzen eines Landkreise. In sieben Kapiteln stellen die Fachleute den Verlauf der Erdgeschichte dar, wie er sich an Gesteinen im Lande widerspiegelt, berichten über die Böden, die Lagerstätten, Aspekte der Ingenieurgeologie, die Hydrogeologie und Geochemie. Für unser Kreisgebiet sind die Ausführungen zum älteren Vulkanismus im Tertiär (z.B. Hohe Acht, Nürburg, Aremberg, Neuenahrer Berg, Landskrone usw.) und zum jungen Vulkanismus im Quartär (z.B. Wehrer Kessel, Laacher See-Vulkan usw.) von besonderem Interesse. Auch die bei uns häufigen Thermal- und Mineralwässer werden in ihren geologischen Bedingungen erklärt. Es lohnt sich, bei einer Fahrt von Ahrweiler nach Mainz nicht nur auf die Straßenkarte zu schauen, sondern auch einmal die geologische Übersichtskarte heranzuziehen. Nach etwas Training sieht man die scheinbar so vertraute Landschaft mit völlig anderen Augen. Oder wer denkt beim Blick auf die schroffen Felsen der Mittelahr schon daran, dass es sich ursprünglich um Ablagerungen eines Meeres südlich (!)des Äquators handelt. Wer also wissen möchte, was in den letzten ca. 500 Millionen Jahren passiert ist, damit unsere Landschaft ihr heutiges Bild bekommen konnte, - und wer will das nicht - kann an diesem Buch und der Karte nicht vorbei gehen. Denken und Träumen in geologischen Zeitdimensionen verhilft zu gehörigem Abstand vom menschlichen Dasein.

Jürgen Haffke

Carsten Henn: Henns Weinführer Ahr. Geschichte, Lagen, Weine und Reisetipps. Emons, Köln 2006.

Als flächenmäßig kleines Weinbaugebiet im Vergleich mit seinen übrigen deutschen Konkurrenten fand das Ahrtal erst spät Beachtung in der Wein-Literatur. Ambrosi / Breuer widmeten der Ahr 1978 (2.Aufl. 1992) einen eigenen Band in ihrer „Vinothek der deutschen Weinberg-Lagen“. Heinen schwelgte 1990 in seinem Bd. 10 „Ahr“ des „Gesamtwerk Deutscher Wein“ mehr in schönen Bildern als dass er sich durch fundierte Informationen auszeichnete. Im Gegensatz dazu ist Kleist „Schlüssel zum Ahrwein“ (3.Aufl. 2003) inhaltlich gut, aber in der Aufmachung sehr bescheiden. Carsten Henn ist im Ahrtal zunächst durch seine originellen Krimis mit Lokalcolorit (inzwischen 4 Bd.) bekannt geworden, in denen sich schon sein önologischer Sachverstand bemerkbar machte. Neben dem Mittelrhein widmet er jetzt auch der Ahr einen eigenen Weinführer. Um es gleich vorweg zu sagen, der Mann versteht etwas von Wein und, was eher selten in solchen Büchern anzutreffen ist, er hat auch eine klare Meinung zu dem, was er trinkt und was ihm schmeckt. Dadurch wird er wirklich zu einem Führer, von dem man sich an seine bevorzugten Adressen leiten lassen kann. Man muss ihm ja nicht in allen Geschmacksfragen folgen, aber eine Auseinandersetzung mit seinen Positionen ist lohnenswert. Wer also solide Informationen über angesehene Weinbaubetriebe an der Ahr, ihre Lagen, Keller und Weine sucht, der ist mit „Henns Weinführer Ahr“ gut beraten, zumal er auch bezüglich der bisweilen geforderten Preise für den Wein kein Blatt vor den Mund nimmt. Damit ist das Hauptthema des Buches ausgesprochen gut gelungen dargestellt. Dagegen weisen die landeskundlichen Kapitel über die Geologie, Geschichte des Weinbaus und die Ahrtalorte inhaltliche Schwächen auf. Aber das wird die meisten Käufer eines Weinführers verständlicherweise nicht stören, da sie ja hauptsächlich hinsichtlich der Weine beraten werden wollen und nicht ebenso präzise Informationen zur Erdgeschichte des Ahrtals oder prägnante geographische Portraits der hiesigen Dörfer und Städte erwarten. Die touristischen Hinweise und Adressen sind praktisch. Fazit: Man kann sich getrost „Henns Weinführer Ahr“ anvertrauen und bei maßvollem Genuss seiner Weinempfehlungen sicher sein, es am nächsten Morgen nicht zu bereuen.

Jürgen Haffke

Die neue Heimatliteratur boomt

Auch in der Ahr-Region eine anhaltend breite Novitätenflut

„Na, ist das nicht ein überwältigender Anblick! Da unten im Tal, das ist Rech“, heißt es in Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken (Gustav Lübbe Verlag), dem Anfang 2006 erschienenen neuen Roman von Bernd Stelter. Der Kölner Comedian lässt seinen Workaholic Stefan Dittrich statt auf den Malediven im Ahrtal urlauben. Durch Probleme mit seiner Ex-Freundin unfreiwillig zwar, schließlich indes wissen Stefan, Delia und Leser eine Menge mehr über Burgunder oder Portugieser, Dernau oder Mayschoß.

Nur ein Beispiel für die boomende Literatur mit regionalbezogenen Themen – auch im Kreis Ahrweiler. Aus der jüngeren Novitätenflut herausragend, die beiden Emons-Titel Henns Weinführer Ahr und Vinum Mysterium, inzwischen vierter – im doppelten Wortsinn – köstlicher Fall für Sternekoch und Hobbydetektiv Julius Eichendorff. Dessen Schöpfer Carsten Sebastian Henn weiß nicht nur durch seinen kleinen Rotwein-Brockhaus Winzer, Rebsorten wie Landschaft zu würdigen. Ebenfalls im Eichendorff-Krimi als Service die vorab den Handlungslauf darstellende Ahrtal-Topographie, im Anhang eine Übersicht empfehlenswerter Kaffehäuser sowie traditionelle Kochrezepte (Papstsuppe, Spätburgunderkuchen), parallel zum misteriösen Coup.

Heftig präsent ist die Region zudem in der Krimi-Tour Rheinland-Pfalz (Hermann-Josef Emons Verlag). Der zweite einschlägige Reiseführer von Josef Zierden führt zu Tatorten in Adenau oder Ahrhoven, natürlich nach Bad Neuenahr, dann erfährt Blasweiler blutigste Stasi-Vergangenheit, ein toter Briefkasten auf Burg Olbrück, Dernau ist Schauplatz für einen erhängten Hund, Leichenfunde in Heppingen und Pitscheid, gar in Schalkenbach, am Nürburgring oder im Regierungsbunker der „Dienststelle Marienthal“, Prostituiertenmord in Quiddelbach, tödliche Fallen wie Fahndungshektik von Ramersbach über Walporzheim bis hin nach Wershofen oder selbst Maria Laach. Josef Zierden recherchierte nahezu lückenlos in Sachen Böses rechts und links der Ahr. Mehr als angemessen für die zu erwartende Krimi-Tour-Neuauflage jedoch, beispielsweise, Hans Warnecke adäquater als mit drei Zeilen zu berücksichtigen. Der pensionierte Pfarrer aus Neuenahr dürfte weit übers Rheinland und die Pfalz hinaus der einzige Verfasser auflagestarker Senioren-Kriminalromane (Pandion-Verlag) sein. Überdies ist bei Zierden die gelegentlich offenbar mit dem Hackebeil schreibende Autorentruppe durchweg zur Stelle – erprobte Sisters in Crime wie Gabriele Keiser, Angelika Koch oder Erika Kroell (mit nahezu druckfrischem KBV-Ahrtal-Schocker: Dunkle Schwestern), selbstredend die bewährten Wiederholungstäter Jacques Berndorf, Gisbert Haefs, Ralf Kramp oder Edgar Noske.

Zudem erwähnenswert, jedoch kaum repräsentativ aufzuführen, die zahlreich in den Landkreis der Maischenbottiche hereinspielenden Stories. Hier stellvertretend genannt der in Bad Breisig überraschend ausklingende Eigelstein-Blues (KBV Verlag) des unterhaltsamkauzig hantierenden Karl-Josef Bär, kölnischer Columbo und Alter Ego des Journalisten Jürgen Raap. Nach „Hexennacht“ und „Das Schattenbuch“ übrigens wird Michael Siefener, zwischen Manderscheid und Hamburgpendelnder Übersetzer und KBV-Fiction-Maestro, in seinem dritten Eifel-Phantastik-Werk den Plot im Schatten der verwunschenen Wensburg ansiedeln. Und Michael Krupp, in Köln lebender Schriftsteller aus Obermendig, nennt ein fiktives Dorf zwischen Bell, Grafschaft und Weibern als Ort der ambientenreichen Handlung seines aktuellen Heimatromans Spätfolgen (Wiesenburg Verlag).

Bleibt der Hinweis auf die beispielgebende Rundumdokumentation einer Zeitreise in das 1945 beginnende Wirtschaftswunder-Rheinland: Aufgebaut (Marzellen Verlag). Satte 427 Seiten formierte Reinold Louis mit beachtlichen 250 Fotos wie Reproduktionen, trugÄngste und Hoffnungen, Ohnmacht und Glück, Ein- und Aussichten der ersten Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg zusammen. Ein schmerzliches und notwendiges Geschichtsbuch mit einem selten zuvor derart umfassend offerierten Fundus an Abbildungen. Die Geschichte rast. Bleiben werden Bilder oder (Lied)Texte wie: „Em Eifelland, em Eifelland / Wo schön die Mägdelein / Do steiht op Poste treu un brav / Dä kölsche Jung vom Rhein! Mer halde Pool, mer halde stand / Em wunderschöne Eifelland! / Dröm maht daheim üch nor kein Sorg / Bei uns do kütt kein Düvel durch.“ Reinold Louis, großer rheinischer Heimatchronist und Köln-Bestseller-Autor, lebte während frühen Nachkriegsjahren in Ahrweiler, erlernte in der Straußwirtschaft Peter-Friedrich Lingen den ehrbaren Beruf des Winzers.

Wir fassen zusammen:

  1. Es fehlen Belletristisches, Lyrik, populäre Sachbücher aus den Frühjahrs- und Herbstangeboten der vergangenen 12 Monate? Ja, richtig.
  2. Eine recht subjektive Neue-Heimatliteratur-Übersicht? Ja, richtig.
  3. Schlussendlich somit weitere Belege für die anhaltend boomende regionalbezogene Lektüre – auch im Ahrkreis.

Jochen Arlt